Schloss Favorite Rastatt

Unter Dach und FachOrangerien für exotische Pflanzen

Wohin mit den exotischen Pflanzen, wenn der deutsche Winter kommt? Raus aus der Kälte, wenig gießen und beheizen: Um die kostbaren Pflanzen zu schützen und in den Wintermonaten zu versorgen, entstanden in Favorite Rastatt, Weikersheim oder Schwetzingen die sogenannten Orangerien.

Schloss Weikersheim, Orangerie

Ein Flügel der Weikersheimer Orangerie.

Ein warmes Haus im Lustgarten

Granatäpfel, Oleander, Myrten, Lorbeer, Zitronen und Orangen – für die mediterranen Pflanzen wurde es im Winter problematisch. Zunächst schützte man die eingepflanzten Gewächse an Ort und Stelle mit Holzverschlägen. Diese waren jedoch zu klein, zu dunkel und zu kalt, die Pflanzen überlebten nicht. Deshalb entstanden ab der Mitte des 17. Jahrhundert feste Gebäude, die bald in keinem barocken Lustgarten mehr fehlten. Im Sommer dienten sie als Festsäle für die Hofgesellschaft, ab dem Herbst der Überwinterung der Pflanzen.

Schloss Favorite Rastatt, Orangerie, Ofennische

Nische für einen gusseisernen Ofen in der Favoriter Orangerie.

Zur Unterbringung und zur Anzucht nützlich

Die Erste Orangerie in Schloss Favorite entstand sogar noch, bevor das Schloss fertig gestellt worden war. 1718 wurde hier ein eiserner Ofen aufgestellt, „weil der Gärtner Rubbert gar viell schöne junge Orangerie zieht“. Die offenen Arkaden der Orangerie konnten in den Wintermonaten durch Bretterwände mit eingesetzten Glasscheiben geschlossen werden. Später kam die Zweite Orangerie hinzu: Die beiden langgestreckten niedrigen Gebäude scheinen das Schloss einzurahmen.

Schloss Schwetzingen, Ofen

Originaler Ofen in Schwetzingen, verziert mit dem Monogramm CT des Kurfürsten.

Heizen muss sein

Die Neue Orangerie in Schwetzingen, 171 Meter lang, ging im Winter 1762 in Betrieb. Die großen Fenster nach Süden konnten mit Klappläden gegen die Kälte verschlossen werden. Außerdem gab es 14 gusseiserne Öfen. Doch diese verbrauchten viel Brennholz und verursachten einen hohen Aufwand im Betrieb, vor allem bei strenger Kälte. Außerdem war die Wärmeverteilung im Raum nicht optimal. Andere Heizmöglichkeiten wurden daher entwickelt, beispielsweise die Kanalheizung – ähnlich wie die Hypokaustenheizung bei den Römern.

Kostbar präsentiert

Als Folge der fest gebauten Orangerien mussten die kostbaren Pflanzen mobil werden: Man pflanzte sie nicht mehr direkt in den Garten ein, sondern präsentierte sie im Sommer in Kübeln. Die Pflanzkübel selbst, als Teil der Präsentation, wurden immer kostbarer. In Schloss Favorite Rastatt haben sich verschiedene prächtige Pflanzkübel erhalten, aus bemalter Terrakotta und aus blau-weiß bemalter Delfter Fayence. Auch auf Pflanzenbildern sind immer wieder Kübel zu sehen, recht schlicht aus Holz in Favorite oder ganz prunkvoll aus Fayence wie im Rittersaal von Schloss Weikersheim.

Pflanzenkübel
Pflanzenkübel
Pflanzenkübel, Lambrisbild im Rittersaal von Schloss Weikersheim

Pflanzkübel aller Arten: Terrakotta und Holz aus der Orangerie in Schloss Favorite oder Fayencen, gemalt in Weikersheim.

Schloss Favorite Rastatt, Außenansicht

Die Orangerie von Schloss Favorite Rastatt im Morgenrot.

DAS ENDE DER ORANGERIE

Ein Inventar der Orangerie von Schloss Favorite Rastatt gibt Auskunft, welche Pflanzen die Markgrafen Ende des 18. Jahrhunderts besaßen: Den größten Teil des Bestands bildeten rund 150 Pomeranzenbäume, ebenso viele Zitronenbäume und 120 Lorbeerbäume. Aber auch seltenere Exoten umfasste die Sammlung der Badener ‒ Granatapfelbäume, Passionsblumen, Aloen, Yuccas, Jasmine und Ananas. Die Kosten für deren Unterhalt wurden bald zu hoch. Ab 1775 verkaufte man daher die exquisiten Pflanzen. Wenig später stellte die Orangerie ihren Betrieb ein.

Schon immer zeichnete sich Europa durch sein Interesse an der Welt und ihren Schätzen aus. Kenntnisse und Kostbarkeiten aus der Fremde erweiterten den Horizont und beeinflussten Kunst, Kultur und Wissenschaft. Die Themenwelt „Exotik“ zeigt das europäische Verlangen nach Exotik in seinem ganzen Facettenreichtum.

Exotik. Faszination & Fantasie