Mittwoch, 21. April 2021

Schloss Favorite Rastatt | Allgemeines Gartenarchäologie im Schlosspark: Zwei historische Wegabschnitte ermittelt

Seit vielen Jahren erforschen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg die originalen Wegeverläufe in den historischen Gärten. Mit gartenarchäologischen Maßnahmen konnte bereits 2016 im Schlossgarten Schwetzingen die Wegeanlage von Friedrich Ludwig von Sckell um den Merkurtempel herum ermittelt und unter Bewahrung des originalen Befundes wiederhergestellt werden. In den zurückliegenden Monaten fanden im Schlosspark Favorite entsprechende Suchgrabungen statt. An insgesamt vier Stellen im Schlossgarten nahmen die Expertinnen und Experten Grabungen vor.

STEINSCHICHTEN UNTER DEM RASEN

Den Grabungen voraus ging eine intensive wissenschaftliche Recherche ‒ in historischen Plänen, Rechnungen und Beschreibungen sowie alten Luftbildaufnahmen. „Wir wussten, wo wir graben müssen“, erklärt Dr. Meike Kirscht, die für Rastatt-Favorite zuständige Gartenkonservatorin der Staatlichen Schlösser und Gärten. „In allen Fällen wurden wir fündig.“ Bei den Grabungen entdeckte man zwei Wegeabschnitte wieder, die vor rund 230 Jahren durch den badischen Hofgärtner Johann Michael Schweyckert (1754–1806) geplant und angelegt wurden. Im Verlauf der Zeit verschwanden sie. In dem schon damals eher feuchten Gelände waren vergleichsweise mächtige Steinschichten nötig, um die Wege durch den Park zu befestigen „und genau diese Schichten lassen sich in geringer Tiefe unter dem heutigen Rasen nachweisen“, erklärt Dr. Meike Kirscht.

 

VERLÄUFE IM GEORADAR
Die Fundstellen bildeten anschließend die Grundlage für den nächsten Schritt: Mithilfe von Georadarmessungen ermittelten die Gartendenkmalpflegerinnen und Gartendenkmalpfleger ‒ ohne weiteres Graben ‒ den historischen Wegeverlauf zwischen den einzelnen Punkten. „Jetzt wissen wir wieder genau, auf welchen Wegen seinerzeit die Herrschaften und ihre illustren Gäste durch den herrlichen Landschaftsgarten wandelten“, erläutert Dr. Meike Kirscht. Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse können die Expertinnen und Experten der Staatlichen Schlösser und Gärten den Schlosspark Rastatt-Favorite seinem ursprünglichen Zustand im ausgehenden 18. Jahrhundert wieder ein Stück weiter annähern – und das Originalerlebnis des Gartenkunstwerks ermöglichen.

 

NATÜRLICHES GARTENBILD

Erst 1788 bekam der Karlsruher Hofgärtner Johann Michael Schweyckert den Auftrag, den Favoriter Garten im englischen Stil zu gestalten. Sein Auftraggeber war Markgraf Karl Friedrich aus der Linie Baden-Durlach, seit 1771 Landesherr der einst baden-badischen Gebiete. Die Umgestaltung des Geländes zu einem Englischen Landschaftsgarten dauerte bis 1806: Die natürlich wirkende Gestalt des Gartens „komponierte“ Johann Michael Schweyckert mit gewundenen Wegen, Büschen und Baumgruppen und einem romantischen Weiher.

 

DER ENGLISCHE LANDSCHAFTSGARTEN VON SCHWEYCKERT

Vor seiner Anstellung am Hof in Rastatt studierte Schweyckert viele Jahre die Botanik, Obstbaumkultur und Gartenkunst in Frankreich, aber vor allem in England. Unter anderem bildete er sich dort im Königlichen Botanischen Garten von Kew, und lernte bei verschiedenen Dienstherren die neue Art, Anlagen natürlich zu gestalten, kennen. Beim Flanieren durch den Park eröffneten sich im ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhundert zwischen den Baumgruppen und Solitären überraschende Aus- und Weitblicke in die Landschaft ‒ die Bilder des Gartens wurden so erlebt, wie sie die historische Wegeführung vorsah. Diese soll nun auf der Basis der Untersuchungen schrittweise wiederhergestellt werden.

 

WEGEN DER CORONA-EPIDEMIE GESCHLOSSEN
Aktuell ist Schloss Favorite Rastatt wie alle Kultureinrichtungen und alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg bis auf Weiteres geschlossen.

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