Sibylla Augusta von Baden-Baden: tatkräftig, erfolgreich und fromm
Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden (1675–1733) gab den Bau von Schloss Favorite und ebenso die Eremitage in Auftrag. Die Markgräfin regierte als Witwe das Land, da ihr Sohn, der Thronfolger, noch minderjährig war – und sie tat dies umsichtig und für die Markgrafschaft zum Vorteil.
KANDIDATIN AUF DEM HEIRATSMARKT
Prinzessin Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg wuchs in Schlackenwerth, heute Ostrov nad Ohří, in Böhmen auf. Ihre Familie war katholisch und sehr wohlhabend. Ihre Schwester und sie waren begehrte Kandidatinnen auf dem fürstlichen Heiratsmarkt. Als Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden 1690 zur Brautschau kam, wählte er die 15-jährige Sibylla Augusta – zum Ärger ihrer älteren Schwester Anna Maria Franziska.
SIBYLLA AUGUSTA ALS REGENTIN
Sibylla Augusta brachte in zwölf Jahren neun Kinder zur Welt. Sechs davon starben in den ersten Jahren. 1707 erlebte sie einen weiteren Schicksalsschlag: den Tod ihres Ehemannes. Ihr Sohn Ludwig Georg, der Erbprinz, war damals erst knapp fünf Jahre alt. So wurde sie vormundschaftliche Regentin an seiner Stelle – und regierte zwanzig Jahre lang. Es gelang ihr, das Land, verwüstet durch ein Jahrhundert der Kriege, wieder aufzubauen und wirtschaftlich zu stabilisieren: eine erstaunliche Leistung.
DIE BAUHERRIN SIBYLLA AUGUSTA
Seit 1710, noch von ihrem Exil während des Spanischen Erbfolgekrieges aus, begann Markgräfin Sibylla Augusta zu bauen. Schloss Favorite und die Schlosskirche in Rastatt waren die größten Projekte. Aber auch eine Reihe von Kapellen, die Stätten aus dem Leben Jesu nachbildeten, gehörte dazu. Mit diesen Gebäuden präsentierte sie sich als kunstsinnige Herrscherin und fromme katholische Fürstin. Auch ihrem Sohn Ludwig Georg schuf sie mit all den Bauten einen standesgemäßen Rahmen für seine Funktion als zukünftiger Markgraf und für seine Liebe zur Jagd.
PRÄGEND FÜR DIE FAVORITE
Als Bauherrin hatte die Markgräfin sehr präzise Vorstellungen. Sie bestimmte in vielen Fällen die Ausführung selbst – bis in die Details der Innenausstattung. Ihr Baumeister Michael Ludwig Rohrer und der künstlerische Leiter Franz Pfleger kümmerten sich um Entwürfe und um die Umsetzung ihrer Wünsche. Stets war das große Vorbild ihre Heimat Böhmen. Insbesondere für Schloss Favorite trug sie Ideen und Kunstwerke aus aller Welt zusammen – aus Asien und aus den Niederlanden, aus Florenz, Paris und Meißen. Daraus entstand ihr ganz persönliches Schloss mit ungewöhnlichen Dekorationen und einer einzigartigen Porzellansammlung.
FRÖMMIGKEIT UND GEGENREFORMATION
Ein Wesenszug der Markgräfin wurde für die Eremitage bestimmend: Die Katholikin Sibylla Augusta war besonders fromm. Sie förderte in ihrem Land aktiv die römische Kirche, holte den Piaristen- und den Jesuitenorden in die Markgrafschaft, baute den Kranz der heiligen Stätten um ihre Residenz, förderte Wallfahrten – und sie lebte ihre Frömmigkeit auch selbst. Die Eremitage, errichtet für fromme Bußübungen, ist dafür ein besonders eindrucksvolles Zeugnis.